Ja, am Freitag morgen hat mich die Vergangenheit eingeholt. Aber mal von Anfang an: Ich weiss nicht mehr genau wie viel ich hier geschrieben habe bezüglich der Situation von früher. Als ich im zweiten Lehrjahr gekommen bin hatte ich ein Praktikum auf einer Orthopädie. Leider funktionierte es mit der Berufsbildnerin menschlich überhaupt nicht. Alles was ich gemacht habe war falsch, ich habe nie ein Lob bekommen. Wenn ich etwas nicht wusste musste ich es am Abend zu hause erarbeiten, ich bekam es nicht erklärt. Oder es hiess ich müsse das können und wenn ich gesagt habe ich hatte es in der Schule noch nicht wurde mir nicht geglaubt. Nach einer Zeit hatten wir ein Gespräch und dort habe ich gesagt, dass sie zu hohe Erwartungen an mich haben und ich mich nur blockiert fühle, wenn ich immer nur Kritik bekomme. Wir haben besprochen, dass wir es nochmals versuchen und sie die Erwartungen herunterschrauben. Doch gebessert hat sich nichts. An eine Situation kann ich mich besonders gut erinnern: Eine Patientin von mir hat erbrochen. Ich habe sofort reagiert und habe ein Medikament geholt, damit bald eine Besserung eintreten würde. Als ich wieder ins Zimmer kam stand die Berufsbildnerin vor mich, die Hände in der Hüfte abgestützt und wies mich von oben herab und vor der Patientin zurecht. Warum? Weil ich der Patientin zuerst ein Medikament geholt habe und nicht zuerst Wasser zum Mund spülen und ein Tuch gegeben habe um das Gesicht zu waschen. Am nächsten Tag war ich wieder bei der Patientin und las im Bericht, dass es ihr am Abend gut ging. Ich machte bei der Patientin ein Witz, der aber wahrscheinlich nicht mehr als Witz rüberkam weil es mir da schon sehr schlecht ging, dass wenn sie wieder anfangen würde zu erbrechen, dass es dann wohl an mir liegen würde. Die Patientin antwortete prompt, dass dies sicher nicht der Fall sei, eher werde ihr von meiner Berufsbildnerin über, die sei ja ganz übel. Wie soll man in so einer Situation reagieren wenn man sich schon nicht mehr gut fühlt? Ich habe versucht zu sagen, dass man als Berufsbildnerin halt streng sein muss, aber die Patientin hat sie Situation schon hinterschaut. Das fand ich sehr schlimm, dass die Patienten sogar die Situation realisiert haben. Einmal habe ich eine Frage über die Antikoagulation (Blutverdünnung) gestellt weil ich es noch nicht in der Schule hatte. Mir wurde aber nicht geglaubt und so musste ich das Thema über das Wochenende erarbeiten. Das ist ein Riesen Thema muss man dazu sagen. Aber ich habe es gemacht und dabei gemerkt, dass meine zweite Bezugsperson eine falsche Dosierung von einem Medikament aufgeschrieben hat. Ich habe mir überlegt ob ich anrufen soll oder nicht. Ich hatte wahnsinnige Angst den Fehler zu melden, habe es dann aber dem Patienten zu liebe gemacht. Die Person die ich angerufen habe hat sich sehr bedankt. Am Montag wollte ich meine zweite Bezugsperson informieren, dass ich das gemeldet habe. Das einzige was sie gesagt hat war, dass sie das schon wisse. Kein Danke oder ähnliches. Mit der Zeit ging es mir so schlecht, dass ich nicht mehr essen konnte. Zum Mittag habe ich immer ein paar Löffel Suppe genommen, dass sie mir nicht noch ein Essproblem einreden konnten und am Abend ass ich nichts mehr. Zu hause ging ich immer sofort ins Bett und machte nichts mehr. Wenn ich eine Treppe hinunterging wünschte ich mir immer, dass ich runterfalle, damit ich nicht mehr arbeiten gehen muss. Ich merkte wie es mir immer schlechter ging und ging zum Hausarzt. Ich bat ihn mich bei einem Psychologen an zu melden mit dem ich sprechen konnte und der mir Tipps geben könnte wie ich mit der Situation umgehen soll. Mein Hausarzt hat sofort erkannt, dass es mir sehr schlecht ging und meldete mich Notfallmassig bei einem Psychiater an. Am nächsten Tag hat mich die Psychiaterin angerufen und wollte sofort einen Termin. Ich hatte aber Angst einen Termin während der Arbeitszeit zu machen. Die Psychiaterin hat die Situation auch sofort erkannt und ich bekam am selben Tag noch einen Termin, sie machte für mich extra Überzeit. Ich erklärte ihr sie Lage, sie wollte noch ein paar Dinge von mir Wissen und etwa nach einer Stunde erklärte sie mir, dass es nur eine Lösung geben würde, nämlich dass ich die Stelle wechseln würde. Ich erklärte ihr, dass das nicht so einfach sei, man kann nicht einfach das Praktikum wechseln und wenn ich unterbrechen würde müsste mir mein Vater keine Alimente mehr bezahlen und somit könnte ich die Ausbildung nicht weiter machen. Erstmal schlug sie mir aber vor ein Gespräch mit der Bildungsverantwortlichen zu machen. Dies war jedoch ein Reinfall, sie versuchte mir zu unterstellen, dass ich psychische Probleme hätte. Aber es wurde abgemacht, dass noch ein Gespräch mit der Berufsbildnerin, Bildungsverantwortlichen und mir stattfinden würde. Es war ihr sehr wichtig, dass meine Mentorin von der Schule nichts erfahren würde. Sie versicherte mir, dass es bisher noch nie Probleme mit Lernenden gegeben hat. Später erfuhr ich, dass dies nicht der Fall war! Ich habe meine Mentorin über den Verlauf informiert und die wollte unbedingt auch zum Gespräch kommen und teilte dies der Bildungsverantwortlichen mit. Die war natürlich ganz schön wütend. In der Zwischenzeit war ich wieder bei der Psychiaterin und sie machte mir ein Arbeitszeugnis, dass ich nicht mehr dort arbeiten kann und ich krankgeschrieben bin bis ein anderes Praktikum gefunden wurde. Am Gespräch legte ich das vor und äusserte, dass ich nur noch zur Klärung hier sei, aber keine Lösung mehr gefunden werden könne. Das passte den Beteiligten natürlich gar nicht, so würde nach aussen dringen was für Probleme herrschen. Aber die Schule hat ohne Diskusion eine neue Praktikumsstelle gesucht und schon bald ging es mir besser.
Nun aber zur Situation am Freitag. Dafür muss ich der damaligen Berufsbildnerin einen Namen geben. Sie hat einen Namen der in der Schweiz sehr oft vorkommen, nennen wir sie mal Susi Muster. Also ich hatte von Donnerstag auf den Freitag Nachtschicht. Auf der Tafel sah ich dass eine Susi aus Langnau (Burgdorf und Langnau sind ein Spital) bei und Aushelfen kommt. Ich habe mir natürlich nichts dabei gedacht. Am Morgen ruft mich der Empfang an und sagt, dass eine Frau Muster wartet. Ich sagte ihm, dass wir keinen Eintritt haben der so heisst. Er erklärte mir, dass sie bei uns aushelfen kommt. Ich studierte Susi Muster, hiess so nicht meine frühere Berufsbildnerin? Nee, das kann nicht sein, dann hatte sie ja denselben Nachnamen wie mein Schwager und das wäre mir sicher aufgefallen. Ich war noch am überlegen als ich ins Stationszimmer kam und da stand SIE! Ich überlegte mir kurz wie ich reagieren sollte und entschied mich einfach normal meine Schicht abzugeben. Als ich ihr und einer Kollegin die Patienten abgegeben habe konnte ich immer nur meine Kollegin anschauen, Susi konnte ich nie anschauen. Ich denke sie hat mich schon erkannt, hat es aber nicht gezeigt. Ich wollte ihr zeigen, dass ich nicht mehr die kleine Lernende bin die sich einschüchtern lässt. Ob es mir gelungen ist weiss ich nicht. Ja, so bestätigte sich wieder, dass man einen Menschen immer zweimal sieht. Ich hoffe mehr nicht ;-)
1 Kommentar:
Das ist übel, wenn man Menschen, die einen früher einmal gemobbt haben, beruflich an einem neuen Ort plötzlich wieder trifft. Das tut mir Leid, dass du da durch musstest! Aber ich bin mir sicher, dass du bei dieser neuen Situation überzeugt hast. Schließlich ist auch deine berufliche Situation eine neue, sie kam nicht mehr als deine Bildnerin und war demnach nicht mehr dir übergeordnet. In jetzigen Mal ist sie als Aushilfe gekommen und du bist bereits eine richtige, erfahrene Fachkraft, die an dieser Arbeitsstelle fest ist. Also: keine Sorge!
War sie nur den einen Tag da, oder länger?
Liebe Grüße
Masca
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