Dienstag, 3. März 2009

Meine Krankheit

Als ich 15 Jahre alt war, erkrankte ich an Krebs. Ich möchte hier ein wenig darüber schreiben um betroffenen zu helfen, aber auch für Menschen die sich dafür interessieren. Für Fragen könnt ihr mir immer schrieben!

WIE ALLES BEGANN
Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, als ich den ersten schmerz spürte. Ich war von Montag bis Freitag schnuppern in einem Altenheim, um mich dann für Fachangestellte Gesundheit Bewerben zu können. Am Donnerstag half ich bei einem Transfer eines Mannes vom Bett in den Rollstuhl und dabei schoss es mir plötzlich in die Schulter. Ich dachte mir nichts dabei und meine Mutter auch nicht. Ich ging zu meinem Hausarzt und er sagte, dass ein Muskelriss ist von der schweren Arbeit. Als die Schmerzen nicht mehr weggingen ging ich wieder zum Arzt. Aber mein Hausarzt hatte Ferien, also ging ich zu einem anderen. Er sagte, es sei die Sehne. Als sie Schmerzen immer noch nicht weggingen, und die Schulter wuchs, schickte mich dieser Arzt (ich entschied mich, dieses "Leiden" bei dem Arzt behandeln zu lassen, nicht wieder zu meinem Hausarzt zu wechseln...) ins Spital zum Röntgen und Ultraschall. Dort hiess es, dass die Sehne einen riss hat und verschrieben mir Ponstan. Meine Mutter und ihr Mann gingen ein paar Tage darauf in den Urlaub. Meine Mutter hat mir extra Plastikbesteck und Kartonteller gekauft, dass ich nicht auch noch abwaschen muss. Ich wurde immer müder und schwächer. Ich kam am Mittag von der Schule nach Hause, ass was und ging schlafen. Wenn ich am Morgen Englisch hatte, musste ich in ein anderes Dorf. Dass ich trotz meiner schwäche gehen konnte, fuhr meine Mutter mich immer. Einmal am Morgen war ich so müde, dass ich fast nicht mehr meine Augen offen halten konnte. Als meine Mutter mich dann vom Englisch in die Schule brachte, sagte ich, dass ich mit ihr nach Hause gehe, da mir so übel sei. Mir war nicht übel, aber ich konnte ja kaum sagen, dass ich so müde sei. Kaum war ich zuhause im Bett fing das erbrechen an, aus dem nichts, denn vorher war mir ja noch nicht schlecht.... Als ich meiner Mutter mal erzählte, dass ich an dem Tag gelogen habe und mir gar nicht schlecht war, sagte sie, sie hätte mich eh nicht mehr in die Schule gelassen weil ich so schlecht aussah. Also war ich am erbrechen. Alles was ich zu mir nahm, kam direkt wieder raus, sogar wenn ich nur Wasser trank. Nach ein paar Tagen, wollte meine Mutter mit mir zum Arzt, aber sie hatte ihr Auto nicht. Eine Nachbarin brachte uns dann zum Arzt. Dieser Untersuchte mich und sagte es sei eine Magen Darm Grippe, ich solle einfach viel trinken. Ich sagte, dass ich das nicht kann, da ich dann sofort wieder brechen muss. Er sagte daraufhin, dass ich nicht so tun soll, es sei noch niemand an einer Magen Darm Grippe gestorben..... Ich glaube es war noch am selben Tag oder einen Tag darauf, als meine Mutter mit mir zum Notfallarzt kam. Er machte ein Blutbild und sagte, dass sei auf keine Fall Magen Darm Grippe, sondern eine Magenschleimhautentzündung. Er gab mir Magenschoner und ich musste so Energiedrinks trinken um wieder alle Nährstoffe zu bekommen. Die Übelkeit ging auch schnell weg, aber was blieb waren ganz schreckliche Kopfschmerzen. Ich ging also weiterhin nicht zur Schule. Ich hatte auch öfters ganz starke Rückenschmerzen. Als ich eines Tages auf dem Weg zur Physiotherapie war, sah ich plötzlich alles nur noch doppelt. Also ging meine Mutter wieder mit mir zum Arzt. Diesmal aber wieder zum Hausarzt. Meine Mutter hatte Verdacht auf Drüsenfieber und wollte so einen Test. Zwei Tage später musste ich wieder zu ihm und er sagte, dass er mich nachmals in ein Spital einweist. Ich solle damit rechnen, dass ich dort bleiben muss. So war es dann auch. Doch bevor ich auf das Zimmer kam, musste ich mich den Ärzten stellen. Viele Erinnerungen habe ich daran nicht mehr. Vor allem zwei. erstens: Ein Arzt fragte mich nach meinen Beschwerden. Ich sagte, eine Mutter würde dass erzählen. Ich hatte so keine Kraft mehr und hatte gar keine Kraft mehr zum reden. Er sagte darauf, er wolle dass aber von mir wissen. Weiter weiss ich nicht mehr. zweitens: Ein Arzt machte bei mir so kleine Sehtests mit dem Finger und so. Ich hatte ja Doppelbilder, aber nicht immer an der gleichen Stelle. Darauf sagte er, ich solle wegen dem nicht in ein Spital, sondern besser zum Augenarzt! Ich habe mich wirklich nicht mehr ernst genommen gefühlt.Also die Nacht verbrachte ich dann im Spital. Am nächsten morgen wurde ich aber sofort ins Inselspital überwiesen. Auch von den Untersuchungen dort habe ich nicht mehr so viele Erinnerungen, aber eine ist mir sehr geblieben: Eine Ärztin kam und sagte meinen Eltern, dass ich Krebs hätte und sie am nächsten Morgen eine Biopsie machen. Sie hat auch gleich gefragt, ob sie ein wenig mehr nehmen können, für Versuche, Tierversuche! Ich konnte mich diskret aus dieser Situation raushalten, da ich so tat, als würde ich schlafen..... (Das war nicht das einzige mal, ich tat immer so, als würde ich schlafen, wenn es mir zu viel wurde....) Meine Mutter sagte aber nein, da ich ja Vegetarierin sei und gegen Tierversuche bin. Das war ganz in meinem Sinne. Also machten sie die Biopsie und ein paar Tage später wussten sie, was es für ein Krebs war und fingen mit der Chemo an.

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Das ist meine Schulter von hinten und von vorne. Hier ist sie schon vergrössert, aber sie ist nach diesem Foto nochmals gewachsen

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Hier sieht man noch die Narbe, nach der Biopsie

DIE CHEMO
Also begann ich mit der Chemotherapie. Ich glaube es war an einem Mittwoch. die erste Chemo bekam ich noch über die Vene auf dem Handrücken. Ein Arzt erklärte mir und meiner Mutter, wie lange und wie viele Chemos es geben wird. Ich glaube es waren sieben, weiss es sieben nicht mehr genau. Ich glaube nach der zweiten Chemo hat mir dann noch ein anderer Arzt das Chemoschema erkläret und da waren es plötzlich mehr Chemos. Am Anfang war ich auf den ersten Arzt richtig wütend. Aber jetzt muss ich sehe ich auch, dass man manche Dinge in der Medizin nicht 100% vorhersagen kann. Vor der zweiten Chemo bekam ich dann einen Port a cath. Das ist ein Zugang direkt zur Hohlvene. Dann wird die Chemo verträglicher, da das Blutgefäss grösser ist. Ich hatte sehr Angst vor dem Eingriff und vor diesem "Ding". Meine Mutter sagte, ich muss mit den Ärzten darüber reden. Das tat ich dann auch mit meinem Hausarzt. Danach hatte ich zwar keine Angst vor dem Eingriff mehr, aber war trotzdem nicht begeistert. Doch ich muss gesehen, als ich den Port a cath dann mal hatte, liebte ich ihn. Ich musste ihn letzen Oktober entfernen lassen weil er nicht mehr richtig funktioniert hatte. Ich fand es traurig und muss sagen, ich vermisse ihn auch ein wenig. Er macht das Leben einfacher im Spital. Kein lästiges suchen nach Venen und keine Schmerzen. Aber ich durfte den Port a cath nach Hause nehmen, da habe ich drauf bestanden.

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Vor der Chemo hat mir meine Schwester die Haare gschnitten, damit nicht so lange Haare ausfallen. Oben sieht man vor dem scheniden und unten nach dem schneiden.Photo Sharing and Video Hosting at Photobucket

NEBENWIRKUNGEN
Nebenwirkungen wurden mir sehr viele vorhergesagt, da ich eine sehr starke Chemo hatte. Ich hatte aber Glück und hatte nicht viele. Mir sind alle Haare ausgefallen, oder besser gesagt, ich habe sie ausgerissen. Als ich merkte, dass die Haare nicht mehr richtig halten und anfangen auszufallen, streifte ich mit meiner Hand immer durch die Haare dass sie ausfielen. Ich mochte es nicht, wenn sie immer auf dem Kissen und überall waren! Für meine Mutter war das sehr schwer, wenn sie wieder einen Kübel Haare wegbringen musste. Und ich fand es eher lustig, die Leute die mich besuchen kamen, so zu schockieren.... Mir sind aber nicht nur die Haare ausgefallen, sondern auch die Fingernägel. Ich hatte ganz empfindliche Fingerkuppen danach und trug oft Pflaster und die Restnägel nicht auch noch abzureisen und keine Wunden bekam. Nach einer Chemo wurden plötzlich meine Fussgelenke steif und ich konnte meine Füsse praktisch nicht mehr bewegen. Also nach unten ging, aber nach oben nicht. Die Ärzte setzten das Chemomittel sofort ab, welches dafür verantwortlich war. Ich ging danach zur Physiotherapie um meine Füsse wieder beweglich zu machen. Sonst hatte ich so die üblichen Nebenwirkungen wie Verstopfung oder Blutarmut, was ganz normal ist. Meine Blutwerte, vor allem die Blutplättchen für die Blutgerinnung) sind einmal so stark gesunken, dass ich Nasenbluten bekam. Das war nichts ungewöhnliches, aber ich konnte die Blutung nicht stillen. Ich musste ins Spital und dort hatte ich noch vier Stunden weiter Nasenbluten bis wir es stillen konnten. Ich bekam auch nach jeder Chemo Fieber und das heisst, wider ins Spital und Antibiotikum. Als ich das erste Mal Fieber bekam, habe ich geweint und wollte nicht wieder ins Spital. Natürlich musste ich trotzdem gehen. Bei den weiteren Chemos nahm ich es nicht mehr so schwer. Ich bekam auch meistens am gleichen Tag um die, nämlich am Donnerstag am Abend Fieber. Dass wusste auch mein Vater und somit rief er mich jeden Donnerstag Abend an, um zu fragen, ob ich Fieber haben. Das fand ich so schön, ich wusste, dass er immer an dem Tag anruft, oder auch wenn ich ihm schrieb, bin auf dem Weg ins Spital, telefonierte er mir immer sofort. Auch meine Mutter wusste das natürlich mit der Zeit und plante nicht für diesen Tag. Die Pflegerinnen im Spital haben mir einmal gesagt, sie hätten schon auf mich gewartet, als ich wieder kam. Etwa die letzten drei Chemos bekam ich kein Fieber mehr. In dieser Zeit fing ich auch an, Mistel zu spritzen. Ob es daran liegt oder nicht, hat jeder eine andere Meinung.....Die schlimmste Nebenwirkung, das Erbrechen hatte ich nie. Ich habe während der ganzen Chemo, also in einem halben Jahr etwa 5-6 mal erbrochen. Das ist viel wert, finde ich, denn das erbrechen ist echt das schlimmste!

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Die Haare werden langsam weniger......

ÄRZTE UND PFLEGERINNEN
Wenn man so lange Zeit im Spital ist, lernt man verschiedene Ärzte und Pflegerinnen kennen. Wie ich schon bei "Wie alles begann" geschrieben habe, war ich im ersten Spital nicht so zufrieden mit den Ärzten aber auch mit der Pflege nicht. Aber als ich nach Bern kam, war es wie eine andere Welt. Zuerst war ich ein paar Tage auf der Medizin. Dort waren alle super lieb. Danach kam ich auf die Onkologie. Ich muss sagen, dort ist echt gutes Personal. Klar, gibt es mal einen Arzt oder Assistenzarzt, der einem nicht so passt, aber alle haben das Beste gegeben. Auch die Pflegerinnen waren so toll! Ich habe so viele kennen gelernt und alle waren so lieb. Sie haben immer alles versucht, dass es den Kindern wohl ist. Ich konnte auch immer fragen und sie gaben mir geduldig Antwort. Einmal war ich auf der Chirurgie in einem vierer Zimmer aber mit fünf Betten. Mir war richtig unwohl da und auf der Onkologie haben sie irgendwie davon gehört und haben mich sofort wieder zurückgeholt. Das fand ich so super! Dadurch, dass ich alle so nett fand, war es nicht ganz so schwierig, dort zu sein. klar wäre es schöner zuhause gewesen, aber lieber im Spital wo es einem wohl ist, als wenn es einem nicht wohl ist!

HOFFNUNG
Während der ganzen Zeit habe ich die Hoffnung nie verloren. Klar, gab es mal Tiefpunkte, aber die Hoffnung hatte ich immer. Was mir auch immer Hoffnung gab, war der Fasnachtsverein. Ich habe immer gesagt, ich möchte einfach noch einmal an einem Fasnachtsumzug teilnehmen. Aber dazu später mehr, denn über die Fasnacht möchte ich eine eigene Kategorie machen. Zudem habe ich von Anfang an gesagt, dass ich mal in der Schweizer Illustrierten bin. Gut, war ich noch nicht, aber ich habe auch nie etwas dafür getan, das es so sein könnte.... Auch war ich ein rieser Patrick Nuo Fan. Ich habe dann immer gesagt, dass er mich eines Tages besuchen kommen wird. natürlich kam er nie, aber meine Schwester hat der Sternschnuppe von meinem Wunsch geschrieben. Diese Organisation erfüllt schwer kranken Kindern wünsche. auch diesen Wunsch haben sie erfüllt. Ich konnte Patrick Nuo nach einer Sendung von Aeschbacher, wo er Studiogast war, treffen. Ich konnte es fast nicht glauben, und hatte ganz weiche Knie! Später hat er mich dann auch noch angerufen, als es mir nicht gut ging. Also die Hoffnung ging nie verloren. Ich denke, das ist auch sehr wichtig, dass man Hoffnung hat!

HUMOR
Auch den Humor habe ich nie verloren. Immer wieder habe ich mir einen Spass erlaubt. Ich weiss noch, am Tag an dem bei mir die Biopsie gemacht wurde, habe ich am Abend meine Mutter veräppelt. Und nicht gerade besonders lieb, aber sie kann auch darüber lachen.... Also, ich sah einen Knopf an der Wand, an dem Vakuum stand. Mir kam sofort das Fleisch in den Sinn, das man vakuumiert, damit es länger hält. Ich fragte also meine Mutter, ob sie wisse, wofür dieser Knopf sei. Sie wusste es nicht und sagte nein. ich sagte, wenn jemand stirbt, dann wird er sofort einvakuumiert, das er länger hält...... Sie hat zuerst gar nicht realisiert, was ich gesagt habe und sagte aha. Als ich anfing zu lachen, verstand sie auch und fing auch an zu lachen.....Auch mit meinen Besuchen erlaubte ich mir Spässe. Ein paar Klassenkameraden kamen mich öfters besuchen. Wir machten oft spiele und der Verlierer musste etwas machen. einmal musste einer eine Pflegerin nach der Natelnummer Fragen gehen oder einer musste Tee in einen Becher füllen, zu einer Pflegerin gehen und sie nach einem Urintest fragen. natürlich hat sie sofort den Schwindel gemerkt, hat aber trotzdem mitgemacht und den Urintest gemacht.... Solche Geschichten gibt es noch viele. Finde es wichtig, das man den Humor nicht verliert, denn man sagt ja, Lachen ist gesund.....

FOLGEERKRANKUNGEN
Bei mir hat die Chemo einige Folgeerkrankungen herbeigerufen. Mit den Hormonen habe ich einige Probleme. Es wird zum Beispiel kein Östrogen mehr von meinem Körper produziert, oder zuwenig. Daher muss ich Hormone schlucken, sonst hätte ich bald sehr schlechte Knochen! Auch meine Eierstöcke sind zerstört, das heisst, ich kann nie selber Kinder kriegen.Dann habe ich auch eine Schilddrüsenunterfunktion. Das hat zur Folge, dass ich zugenommen habe. Als weiteres habe ich einen verminderten Speichelfluss und eine andere Zusammensetzung des Speichels als normal. Das ist sehr schlecht für die Zähne. Seit der Chemo habe ich Probleme mit den Zähnen. Ständig muss ich wieder was flicken oder sonstiges. Ich bin eigentlich ständig in Behandlung!Aber ich muss sagen, ich bin froh, dass ich froh bin, dass ich nur diese Folgeerkrankungen haben. Es gibt noch viel schlimmere, wie Lungen- oder Herzprobleme!

2 Kommentare:

Silvia hat gesagt…

Hallo Smileywoman,
dein Bericht hat mich sehr betroffen gemacht, du hast in deinem jungen Leben sooo viel schon mitgemacht! Ich bewundere deinen Mut und Lebenswille sehr, du bist ein Vorbild für viele.
Wünsche dir weiterhin viel Kraft und Mut und ich denke sicher oft an dich.
Liebs Grüessli
Silvia

Anonym hat gesagt…

Liebe Smileywoman,
ich habe deinen Bericht gelesen und fühle, dass du eigentlich sehr stark bist und trotzdem macht es mich ein wenig traurig, dass es wenig Menschen gibt die Mut haben, dich auf deine Krankheit anzusprechen. Möchtest du mir einmal auf meine E-mail-Adresse schreiben? ehrensperger.heidi@bluewin.ch
Ich würde mich freuen und ich würde dir gerne antworten. Liebe Grüsse und bis bald.